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Navratri – Die neun heiligen Nächte der Mutter (Teil 5)

Die Navdurgas
Tag 7-9 (Maha-Sarasvati)
Die letzten drei Nächte sind Maha-Sarasvati geweiht, der Göttin, die (spirituellen) Erkenntnis,  Einsicht und Weisheit schenkt, die (u.a.) aus dem Sieg über die (eigenen inneren) Dämonen erwächst.

Ma Kalaratri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya
Ma Kalaratri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya

7. Kalaratri कालरात्रि 
Der Name setzt sich zusammen aus kala/i und ratri (=“Nacht“, „Dunkelheit und Stille der Nacht“). Kala/i bedeutet auf der einen Seite „dunkel, schwarz, dunkel-blau, von dunkler Farbe“ auf der anderen Seite jedoch auch „Nacht“ „Zeit“, „(Erd-)Zeitalter“, Zeitraum“, „Tod“, „Ende“.
Entsprechend vielfältig wird der Name Kalaratris als „Dunkle/schwarze Nacht“, „Ende der Dunkelheit/Nacht“ übersetzt. Weitere Übersetzungen sind auch „Die jenige, die der Tod des Gottes des Todes (=Kala) ist“, „Diejenige, die der Tod der Zeit ist“, „Nacht der Zerstörung am Ende der Welt“ und „Nacht der alles-vernichtenden Zeit“.

Kalaratri gilt als aggressivste, gefährlichste und zerstörerischte Kraft von Adi-Shakti und damit Form von Parvati/Durga.
Sie ist eine Kriegsgöttin wie Chandraghanta, Katyayani und Durga, und gilt häufig auch als eine Gestalt der Göttin Kali.
Das Devi-Mahatmyam erzählt davon, dass Parvati als Jagadamba inkarnierte, um den Dämonen Raktabeeja zu töten. Als Sie ihn sah, wie er überheblich mit seiner Macht angab, und die Götter, Göttinnen, Menschen und alle anderen Lebewesen bedrohte, wurde Sie sehr wütend und aus Ihrer Stirn entsprang Kali, um den Dämon und all seine Klone (die durch seine Blutstropfen während der Kämpfe entstanden waren) zu vernichten. Und das tat Sie, in dem Sie sein herabfallendes Blut trank, während Sie ihn und seine Klone köpfte.
Es wird auch erzählt, dass Parvati sich einst, nachdem Sie von Shiva wegen Ihrer dunklen Hautfarbe geärgert worden war, asketischen Übungen unterzog, um von Brahma einen Wunsch gewährt zu bekommen. Als Er Ihr erschien, bat Sie Ihn darum, Ihre dunkle Hautfarbe in eine helle, goldfarbene zu verwandeln.
Er gewährte Ihr den Wunsch, und aus Ihrer dunklen Haut entstand die schöne, dunkle Göttin Kaushiki.
Als die Welt und die Götter von Raktabeeja und seinen Abbildern bedroht wurden, zog Kaushiki mit Kali in den Kampf, und während Kaushiki die Dämonen tötete, verschlang Kali ihr Blut.
Im Devi-Mahatmyam wird Kalaratri auch mit Bhairavi gleichgesetzt.
Parvati inkarnierte in dieser Form auch, um die Dämonen Chanda und Munda zu vernichten. Daher trägt Sie auch den Namen Chamunda.

Sie ist immer bereit für den Kampf, für Krieg und Zerstörung. Ihr Kampf gilt den Dämonen, Monstern, bösen Geistern und allen negativen Kräften, die alle Lebewesen bedrohen.
Trotz Ihrer Brutalität, Aggressivität und furchteinflößenden Erscheinung gilt Kalaratri (auch) als eine liebende und sich um Ihre Kinder sorgende Mutter (-Göttin), die diejenigen reich segnet, die Sie verehren. Deswegen wird sie auch Shubhankari („Die, die Gutes tut“) genannt.
Sie ist diejenige, die alle Ignoranz und alle Illusionen zerstört, die jegliche Finsternis hinwegnimmt und lehrt, dass das Leben auch eine dunkle Seite hat.

Der Planet, der astrologisch mit Kalaratri verbunden wird, ist Saturn.
Das Ihr zugeordnete Chakra ist das 7. oder Scheitel-bzw. Sahasrara-Chakra.

Ikonographie
Kalaratri wird vierarmig und in der Regel auf einem Esel reitend dargestellt.
In Ihren Händen  trägt Sie häufig Dreizack, Schwert, Krummsäbel und eine Waffe aus Dornen.
In anderen Darstellungen trägt Sie in Ihren linken Händen Krummsäbel und die Waffe aus Dornen, während die rechten Hände die Gesten der Wunschgewährung und des Schutzes.
Sie trägt häufig einen schwarzen Sari oder ist in ein Tigerfell gekleidet. Um Ihren Hals trägt Sie wie Kali eine Kette aus Menschenschädeln, die die Buchstaben des Sanskrit-Alphabetes repräsentieren.
Andere Dastellungen zeigen Sie auch mit einem Gürtel aus menschlichen Armen,  einem Schmuck Blitzen oder auch auf einem Leichnam sitzend.
Die Stirn Kalaratris ist von einem Dritten Auge geziert, Ihre schwarzen Haare stehen wild von Ihrem Kopf ab und Ihre Augen sind weit aufgerissen und (manchmal) blutunterlaufen.

Ma Mahagauri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya
Ma Mahagauri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya

8. Mahagauri महागौरी 
Nachdem Parvati Ihre dunkle Hautfarbe durch die Erfüllung Ihres Wunsches durch Brahma abgelegt hatte, strahlte Ihre Haut hell-weiß, manche sagen auch golden.
Aus diesem Grunde erhielt Sie den Namen Maha (=“groß“, „mächtig“) Gauri (=“weiß“, „hell“, „hübsch“, „schön“, „liebreizend“).
Eine andere Legende besagt, dass Parvati in Ihrer Inkarnation als Shailaputri ein wundervolles und strahlendes Mädchen, mit einer sehr hellen Haut gewesen sei, weswegen Sie Mahagauri genannt wurde.
Von einem anderen Mythos wird berichtet, dass die Haut Parvatis nach Ihren langen Jahren als Asketin durch Staub und Erde dunkel geworden war. Als Shiva Sie im Gangeswasser wusch, erhielt Sie Ihre strahlend weiße Körperfarbe wieder und ist seit dem  unter dem Namen bekannt.

Auf Grund Ihrer weißen Hautfarbe wird sie mit der weißen Meeresschnecke, dem Mond und der Jasminblüte verglichen.

Mahagauri wird mit dem aufsteigenden Mondknoten und dem sogenannten Soma-Chakra (1) in Verbindung gebracht.

Ikonographie:
Mahagauri wird mit weißer Körperfarbe, vier Armen und auf einem weißen Bullen reitend dargestellt. Auch Ihr Sari ist weiß, selten auch rosa.
In Ihren drei Händen trägt die Göttin Dreizack, Dhamaru (eine Trommel), einen Lotus und die vierte ist in der Geste der Furchtlosigkeit vorgestreckt.
In manchen Darstellungen trägt Sie auch nur Dhamaru und Dreizack, während Sie mit den anderen Händen die Geste der Furchtlosigkeit und der Wunschgewährung zeigt.

Ma Siddhidatri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya
Ma Siddhidatri; Künstler/Artist: unbekannt/unknown; Quelle: Dharma Vidya

9. Siddhidatri सिद्धिदात्री 
Der Name der Göttin bedeutet „Geberin aller (übernatürlicher) Kräfte“, kann aber auch übersetzt werden mit „Geberin der Vervollkommnung/Vollkommenheit“, „Erfüllerin aller Wünsche“, „Gewährerin allen Verstehens“, „Gewährerin/Geberin der (spirituellen) Verwirklichung“, „Die, die alles Wissen/Verstehen schenkt“ oder „Die, die alle Erkenntnis gewährt“

Ein Mythos berichtet davon, dass Siddhidatri den Göttern Brahma, Vishnu und Shiva jeweils Ihre Aufgabenbereiche in der Schöpfung (Erschaffung, Erhaltung, Zerstörung) und Ihre Identität als Schöpfer, Bewahrer und Zerstörer zuteilte.
Sie war es auch die Shiva gebot über Sie zu meditieren um so mit allen acht (manchmal werden auch achtzehn) „siddhis“ (2), dh. übernatürlichen Fähigkeiten von Ihr gesegnet zu werden.
Während Shivea dieser Aufgabe nachkam, segnete Siddhidatri Sie Ihn mit der Gestalt von Ardhanaishvara („Gott, der zur Hälfte weiblich ist“)  in dem Sie sich in Seiner linken Körperhälfte manifestierte.

Einer anderen Legend zufolge verehrte Rudra (3) zu Beginn des Universums Adi-Parashakti für die Schöpfung.  Es ist gesagt, dass Adi-Parashakti, die aller höchste Göttin der Macht,  formlos und gestaltlos ist und aus Shivas linker Hälfte als Siddhidatri hervorging, der seit dem als Ardhanaishvara bekannt ist und verehrt wird.

In der Gestalt der Siddhidatri ist es Parvati/Durga, die Ignoranz und Illusionen nimmt und die Weisheit zur Erkenntnis des Brahman (4) schenkt. Sie verhilft zur Erkenntnis, dass alles Brahman ist.

Astrologisch gesehen ist Ihr der absteigende Mondknoten als neunter Planet, und das Nirvana-Chakra (5) zugeordnet.

Ikonographie
Siddhidatri ist in Ihrer Erscheinung der Göttin Lakshmi recht ähnlich. Sie sitzt auf einem voll erblühten, rosanen Lotus und ist vierarmig. In Ihren Händen trägt Sie einen Wurfdiskus, ein Muschelhorn, den Dreizack und eine Keule, und ist in einen roten Sari gekleidet.
Häufig wird Sie umringt von all jenen dargestellt, die Sie verehren: Menschen, Devas (6), Gandharvas (7), Asuras (8), Yakshas (9) und Siddhas (10).
Manchmal wird sie auch auf einem Löwen oder Kamel reitend dargestellt.

 

Ende Teil 5
Siat


 

1 – Sitz: Hinterkopf, manchmal auch an der Stirn lokalisiert (je nach Tradition).

2 – Lt. der Markandeya Purana: Anima: Die Fähigkeit, sich zu verkleinern; Mahima: Die Fähigkeit, sich zu vergrößern; Garima: Die Fähigkeit, unendlich schwer zu werden; Laghima: Die Fähigkeit, schwerelos zu werden); Prapti: Die Fähigkeit, zu allen Orten Zugang zu erhalten; Prakamya: Die Fähigkeit, Verlangen zu erzeugen; Ishitva: Die uneingeschränkte Herrschaft zu besitzen und Vashitva: Lenker aller Dinge.

3 – Ein Name Shivas


4 – „das“, „dieses“; das Absolute und der Urgrund des Universums, des Seins und aller Schöpfung, Formloses, absolutes Göttliches, das alles Sein enthält.

5 – Sitz: Krone des Kopfes; markiert das Ende des Sushumna-Kanals.

6 – im weitesten Sinne: „Götter“/“Gottheiten“

7 – himmlische Musikanten

8 – im weitesten Sinne: „Dämonen“/“böse Geister“

9 – Halb-Götter, Naturgeister und/oder Götter niederen Ranges.

10 – Yogis/Tantriker, die bereits Siddhis erlangt haben