Zu Jul erfährt die dunkle Jahreszeit ihren Höhepunkt.
Im Norden geht in diesen Tagen die Sonne nicht auf.
Es ist der Zeitpunkt größtmöglicher Dunkelheit: der kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres.
Die Wochen zwischen Samhain und Jul sind eine Zeit des Rückzugs und der Besinnlichkeit.
Innere Einkehr, gemütliche Abende bei Tee und Lebkuchen, Häuslichkeit und reduzierte Aktivitäten prägen diese Phase des Jahres – oder sollten es tun (sofern der Trubel des Weihnachtsgeschäftes dafür Raum übrig lässt).
Der Lichterschmuck in Häusern und Straßen gibt der Hoffnung Ausdruck, dass Kälte und Dunkelheit nicht ewig währen.
Noch eine ganze Weile lang bleibt es dunkel und kalt.
Diese Zeit des Jahres gehört der schwarzen Göttin, der dunklen Alten, die mit dem Knochenarmband rasselt und ein strenges Regiment führt. Das Land ist im Frost erstarrt. Die Lagervorräte schwinden allmählich. Für unsere Altvordern war der Winter eine Zeit von Hunger und Not.
Dennoch stehen wir an einem Wendepunkt: ab morgen werden die Tage länger, der Sonnengott wird wiedergeboren. Schritt für Schritt kehrt das Licht zurück.
Die Zeit zwischen den Jahren gehört Odin und der wilden Jagd, die wie Sturmesbrausen über den Nachthimmel ziehen.
Die 12 Raunächte beginnen mit der Wintersonnenwende und reichen bis zum 2. Januar.
Lasst uns Odin und seinem Geisterheer mit Rasseln, Lärmen und Tanz huldigen.
Möge die wilde Jagd alles mit sich reißen, was in unserer Welt überholt und erstarrt erscheint. Möge in ihrem Gefolge die neue Zeit Einzug halten!
Zu Samhain sind die Schleier zwischen den Welten besonders dünn. Das Übernatürliche durchdringt die alltägliche Wirklichkeit. Wesenheiten diesseits und jenseits des Vorhanges können leichter passieren.
Samhain ist die Nacht der Begegnung zwischen Lebenden und Toten.
Das Licht hat inzwischen deutlich abgenommen, die Tage sind kurz. Die Bäume haben ihr Laub abgeworfen, viele Pflanzen haben sich in die Erde zurückgezogen. Samen ruhen gut geschützt in der Erde und warten auf den Frühling. Die Natur macht Pause.
Nebel und Regen verleiden uns das Draußen sein.
Die Zeit der Außenarbeiten ist vorbei.
Jetzt kommt die Zeit für Glühwein und Plätzchen, die Zeit, sich in geselliger Runde zu treffen, Geschichten zu erzählen und Pläne für das nächste Jahr zu schmieden.
Wir wenden unsere Aufmerksamkeit nach innen und beschäftigen uns mit den eigenen dunklen Aspekten.
Für jeden magisch Arbeitenden ist es unverzichtbar, den eigenen Schatten zu kennen und anzunehmen.
Tun wir es nicht, macht er uns zum Sklaven und bestimmt unser Leben.
Wer möchte, nimmt Kontakt auf zu den Ahnen, legt ein zusätzliches Gedeck auf oder stellt Milch, Brei, Brot und Bier unter den Hollerbusch.
Der Hollunder neben dem Haus ist ein Schwellenbaum, ein Zugang zum Reich der Hel und zu den verstorbenen Ahnen.
Wenn euch die Ahnen nicht geheuer sind, denkt an liebe Menschen, die diese Welt verlassen haben und an all das Gute, das euch mit ihnen verbindet. Vielleicht sind sie gerade jetzt an eurer Seite und stärken euch mit ihrer Kraft.
Da ist auch noch die Auseinandersetzung mit Tod, Alter und Sterben.
Für jeden kommt irgendwann die Zeit – ein Fakt, den wir gerne ausblenden.
Der Tod ist etwas Anonymes geworden. Wir schieben ihn weg, denn er macht Angst.
Diese Angst gilt es zu überwinden – auch wenn das leichter gesagt als getan ist.
Der Tod stellt einen Neubeginn dar.
Es gilt, ihm ins Auge zu sehen, ohne vor Schreck zu erstarren und das Leben zu vergessen.
Er ist fester Bestandteil des Lebens, der akzeptiert und integriert werden will.
Traditionen und Bräuche
Von den vielen Traditionen und Bräuchen, die es je nach Bundesland, Bevölkerungsgruppe (und -schicht) aber auch hinduistischer Strömung gibt, möchte ich nur auf ein paar ausgewählte eingehen.
Ältestes erhaltenes Manuskript des Devi Mahatmyams auf Palmenblättern, Bihar oder Nepal, 11. Jahrhundert; Quelle: Wikipedia.de
Rezitation des Devi-Mahatmyams
Eine der wohl essenziellsten Praktikenn Navratris ist die Rezitation des kompletten Devi-Mahatmyams.
Das Devi-Mahatmyam ist eigentlich Teil der Makandeya-Purana und besteht aus dreizehn Kapiteln. Es beschreibt einerseits das Wirken der Göttin Adi-Parashaktis in unterschiedlichen Formen, aber auch, in seiner tieferen Bedeutung, die Wanderung der menschlichen Seele.
Die dreizehn Kapitel sind in drei Abschnitte unterteilt und entsprechend ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Seele und der Veränderungen auf der spirituellen Reise Maha-Kali, Maha-Lakshmi und Maha-Sarasvati zugeordnet sind. Sie stellen die Kräfte dar, die im menschlichen Geist während seiner spirituellen Reise wirken und sich in ihm manifestieren.
Die Rezitation des Devi-Mahatmyams wird meist unter Einhaltung bestimmter Regeln und Methoden begangen, die sich jedoch von Tradition zu Tradition unterscheiden.
Zu den unterschiedlichen Methoden gehören z.B.
1. die Rezitation des kompletten Textes an einem Tag (kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen)
2. die Aufteilung der Kapitel an verschiedenen Tagen:
Tag 1
Kapitel 1
Tag 2
Kapitel 2-3
Tag 3
Kapitel 4
Tag 4
Kapitel 5-8
Tag 5
Kapitel 9-10
Tag 6
Kapitel 11
Tag 7
Kapitel 12-13
3. die tägliche Rezitation nur des 2.-4. Kapitels
4. die tägliche Rezitation der Devi-Mahatmya Stothra Ashtakam, d.h. eine Zusammenfassung des Devi-Mahatmyams in acht Strophen.
Der Rezitation des Devi-Mahatmyams werden entsprechend der Wiederholungszahl unterschiedliche „Früchte“ oder Ergebnisse zugesprochen.
So soll z.B. das 3-fache wiederholen dabei helfen, sich von schwarzmagischen Einflüssen zu befreien. Fünfzehn Wiederholungen sollen zu einem angenehmen Leben und Reichtümern verhelfen und bei der Vollendung von 1000 Wiederholungen soll die Göttin Lakshmi erscheinen und allen Reichtum und Wohlstand den man sich wünschen kann, schenken.
Doch es sind dazu noch weitere Regeln zu beachten.
So z.B. dass bestimmte Manten vor und nach jedem Vers gesprochen werden sollen, oder dass vor und nach dem Lesen des Devi Mahatmyams 100 Mal das sog. Tryambaka-Mantra (1) rezitiert werden soll.
Die Möglickeiten sind da sehr sehr vielfältig.
Auch die Kombination mit einem sog. Vrata kommt vor, besonders dann, wenn man sich die Erfüllung eines bestimmten Wunsches erhofft.
Tanz
Vor allem in Gujarat und Mumbai sind Tänze Teil der Feierlichkeiten.
Der sog. Garba ist ein ritueller Tanz, der während des Pujas (dem Ritual) vor der Darbringung der heiligen Flamme zu Ehren der Göttin vorgeführt wird, und ein Kreistanz (traditionell von Frauen) um eine in einem tönerden Gefäß brennende (Öl)Lampe/Kerze oder einer Statue der Göttin ist.
Das Licht der Lampe stellt das Leben dar und den Fötus im Leib der Mutter. Der Tanz ist damit auch ein Teil der Verehrung des Lebens, der Schöpfung und der Zyklen des Seins.
Ein anderer, nach dem Puja als Teil der anschließenden Feierlichkeiten vorgeführter Tanz ist der Dandiya.
Der Dandiya war ursprünglich den Männern vorbehalten und diente dem Training von Kampftechniken z.B. mit dem Schwert.
Die heute benutzen farbenprächtigen Stäbe sind die Überbleibsel des Schwertes. Erst später kam Musik hinzu und er öffnete sich auch für Frauen.
Kalash Sthapana
Am ersten Tav von Navratri wird ein tönerdes oder metallenes Gefäß (Kalash) für den Hausschrein oder einen eigens dafür hergerichteten Altar(raum) vorbereitet, in den die Göttin invoziert wird.
Kalasha und Gersten-Schößlinge; Quelle: ekunji.com
In manchen Regionen ist es auch Brauch, auf dem Altar bzw. im Schrein etwas feuchte Erde auszubreiten und dort Getreide (meist Gerste) auszusäen, die in den neun Tagen gehegt werden, bis sie sprießen. Die Sprößlinge werden am letzten Tag sog. Prasada (2) an Familienmitglieder und/oder Teilnehmer der Heim-Puja verteilt.
In anderen Regionen werden die Sprößlinge auch in tönernden Gefäßen, in die feuchte Erde getan wurde, gezogen.
Die Verbrennung Ravanas
Einer der Bräuche am letzten Tag von Navratri ist die Verbrennung des Dämonens Ravana.
Sie symbolisiert den Sieg Ramas über den Dämonen und damit den Sieg über das Böse in der Welt.
Dazu werden z.T. riesige hölzerne Nachbildungen des Dämonenkönigs gebaut, die dann entzündet werden, doch auch im Kleinen zu Hause werden, Feuer entzündet und Nachbildungen des Dämons verbrannt.
Ein wenig erinnert diese Tradition an die Sonnenwendfeuer in unseren Breiten 😉 .
Sarasvati-Puja
Die letzten drei Tage von Navratri sind Saraswati geweiht.
An diesen Tagen finden unterschiedliche Rituale statt, um den Segen der Göttin der Weisheit, der Erkenntnis, des Lernens und der Künste zu erbitten.
Doch nicht nur Schüler, Studenten, Künstler o.a. widmen sich an diesem Tag besonders Ihrer Verehrung, sondern die Angehörigenaller Berufsgruppen.
Es ist auch die Zeit, in der Kinder zwischen 4 und 5 Jahren in einem rituellen Rahmen ihre erste Einweihung ins Schreiben und damit in den Beginn des Lernens erhalten.
Doch wie zu Beginn gesagt, dies sind nur Beispiele für die Traditionen und Bräuche, die mit Navrati in Verbindung stehen.
Auch wenn es viele Überschneidungen in den unterschiedlichen Bundesländern Indiens gibt, gibt es doch auch genauso viele Unterschiede.
Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe innerhalb des Hinduismus spielt darüber hinaus natürlich ebenso noch eine Rolle wie der gesellschaftliche Status.
Aber ich hoffe, es mir gelungen, einen kleinen Einblick in dieses wundervolle Fest zu Ehren der Großen Göttin Indiens zueröffnen.
Durga-Puja/Durga Utsav
Das im Herbst stattfindende Maha-Navratri überschneidet sich mit einem der größten Feste zu Ehren der göttlichen Mutter des Universums, dem Durga-Puja.
Auch wenn das Fest in allen Teilen Indiens gleich große Relevanz hat und mit großem Pomp und voller Hingabe gefeiert wird, sind es besonders die östlichen Bundesländer wie Westbengalen und Assam, die wegen ihrer Festivitäten berühmt sind.
Während in manchen Bundesländern die Feierlichkeiten einen Tag andauern, wird es in den östlichen Bundesländern über fünf Tage lang gefeiert.
Es ist dort auch unter dem Namen „Akalbodhan“/“Akaal Bodhon“ („Durgas vorzeitiges Erwachen“) bekannt und bezieht sich damit auf eine Legende, in der Rama, ein großer Verehrer der Göttin Durga, die Göttin Durga um Beistand im Kampf gegen den Dämon Ravana anrief, der Seine Gattin Sati entführt hatte.
Er vollzog ein „Chandi Homa“(1), um die göttliche Mutter um Ihren Segen im Kampf gegen den Dämon Ravana anzurufen, der Seine Gattin Sita entführt hatte.
Die Göttin erschien darauf Rama und schenkte Ihm das Wissen, wie Er Ravana besiegen könne.
Dussehra schließlich markiert den Tag, an dem Sita gefunden und Ravana besiegt wurde.
Der Beginn des Durga-Pujas liegt etwa sechs bis acht Tage nach Neumond, doch eines der wichtiges Ereignisse beginnt bereits einige Tage davor mit dem Schwarzmond, Amavasya Shraddha genannt.
Amavasya Shraddha
„Amavasya“ bezeichnet zum einen die Nacht des (nicht sichtbaren) Neumondes zum anderen auch den Nacht an dem die Sichel des neuen Mondes das erste Mal (wieder) sichtbar wird.
Das Amavasya Shraddha ist ein Ahnen-Ritual am Abend des Schwarzmondes, und markiert das Ende einer 15-tägigen Periode, in der Hindus ihren Ahnen mit speziellen Ritualen und Opfern Ehre erweisen
Nach hinduistischem Brauch werden die Verstorbenen je nach Zeitpunkt, Art und ihrem „Status“ zum Zeitpunkt ihres Todes an unterschiedlichen Tagen dieser Periode verehrt (z.B. am fünfte und sechste Tag Menschen, die im voran gegangenen Jahr verstarben, am neunte verheiratete Frauen, die vor ihren Männern starben und am zehnte Tag Kinder und Asketen).
Amavasya Shraddha, das auch „Sarvapitra/i (Moksha) Amavasya“ („Neumondtag aller Väter“) genannt wird, markiert das Ende dieser Periode und ist allen Ahn/innen geweiht, unabhängig vom Tag des Mondes, an dem sie verstarben.
Wenn also jemand aus irgendwelchen Gründen am spezifischen Tag nicht das Ritual ausführen konnte oder nicht weiss, wann er das Ahnen-Ritual vollziehen soll, ist das der Tag, an dem die Rituale vollzogen werden können.
Mahalaya Amavasya ist der einzige Tag dieser Periode, in dem der Sohn der Tochter bzw. der Sohn der Mutter Rituale zu Ehren der Ahnen der mütterlichen Linie abhalten darf. Daher wird dieser Tag auch als Matamaha („Mutters Vater“) oder Dauhitra („Tochters Sohn“) Amavasya bezeichnet. Alle anderen Tage sind, nach hinduistisch-vedischer Vorstellung, den Ahnen der väterlichen Linie vorbehalten.
Frauen sind grundsätzlich von der Darbringung der Opfer und den Ritualen der Ahnen-Verehrung ausgeschlossen, ebenso wie die Mitglieder der königlichen Familie es waren, weil alle Riten um Tod und Sterben als Unheil bringend betrachtet werden.
Devi Paksha Mit Mahalaya Amavasya beginnen die vierzehn Tage der Göttin, Devi Paksha genannt.
Die Menschen glauben, dass sich auch die Götter und Göttinnen ab diesem Tag für die Ankunft der Göttin des Universums und das Durga-Puja vorzubereiten beginnen, während sich die Göttin selbst auf die Reise zur Erde macht.
Es ist der Tag, an dem die Göttin mit Chants und Mantras dazu eingeladen wird, auf die Erde herab zu steigen und die Menschen zu besuchen.
Trotz seines Bezuges auch mit dem Tod gilt der Tag von Mahalaya Amavasya als extrem günstig und glücksverheißend für den Beginn jeglicher Vorhaben.
Der nächste Tag steht unter dem Licht der Ankunft der Göttin und Ihrer Kinder.
An diesem Tag, so glauben die Menschen, betritt die Göttin wieder die Erde und besucht die Menschen.
Andere Mythen bringen diesen Tag damit in Verbindung, dass Parvati zusammen mit Ihren Kindern Lakshmi, Sarasvati, Ganesh und Skanda Ihre Eltern besucht und dort bis Dusshera bleibt.
Am nachfolgenden Tag wird die Göttin, je nach Region und/oder Tradition in verschiedenen Riten in eine (Gruppe von neun) Pflanze(n) oder aber in einen speziell vorbereiteten und geschmückten Kalash (2) invoziert.
Durch weitere anschließende Riten wird die Göttin dann symbolisch für die Dauer der nächsten Tage an die Pflanze bzw. den Kalash gebunden.
Neben diesen Ritualen bildet an diesem Tag auch das entschleiern der speziell für das Durga-Puja angefertigten Murti (3) und damit das Willkommen-Heißen der Göttin im Zuhause oder aber in einem speziell gefertigten Schrein den Hauptteil der Zeremonien.
Der nachfolgende Tag ist Mahashtami.
Ein sehr wichtigen Teil nimmt an diesem Tag das sog. Kumari-Puja ein, in dem neun junge, unverheiratete Mädchen als Verkörperung der Göttin verehrt, bewirtet und beschenkt werden.
In manchen Regionen Indiens erstreckt sich das Kumari-Puja allerdings auch über die gesamte Zeit von Navratri.
Einen anderes sehr wichtiges Ritual ist das Shandi-oder Chandi-Puja bzw. Homam, das, nach dem Mythen, bereits von Rama zelebriert wurde.
Es findet zu einem bestimmten, nach dem vedischen Kalender berechneten Zeitpunkt statt und wird mit dem Zeitpunkt in Verbindung gebraht, in dem der Göttin Durga die Göttin Chamunda (eine Form Kalis) entsprang um die Dämonen Chanda und Munda zu vernichten.
Aufgrund des blutigen Kampfes zwischen der Göttin und den Dämonen beinhaltet das Chandi-Puja in manchen Regionen Indiens auch Tieropfer (Balidan). Anhänger der Göttin, die keine Tieropfer vollziehen, bringen symbolisch Opfer in Form von Obst oder Gemüse dar, wie z.B. Bananen, Gurken oder Kürbisse.
Mit Mahanavami findet das Durga-Puja schließlich seinen Höhepunkt.
Mahishasura-mardini besiegt den Büffeldämon; Künstler/Artist: unbekannt/unknown
Der Legende nach besiegt die Göttin an diesem Tag den Dämon Mashishasur, wesewegen sie als Mahishasura-mardinini, die „Vernichterin des Büffel-Dämons“ im großen Stil verehrt und gefeiert wird.
Den Schluss bildet, wie gehabt, Vijaya-Dashami, an dem der Sieg der Göttin und Ihre Rückkehr zu Shiva gefeiert wird.
Das Durga-Puja und die Vernichtung der Unwissenheit
Wie das Thema Navratis im allgemeinen, so steht auch das Durga-Puja ganz im Zeichen des Kampfes Gut gegen Böse, des Lichtes gegen die Dunkelheit.
Die vier bis fünf Tage des Durga-Pujas stehen daher mit den Kämpfen der Göttin mit den unterschiedlichen Dämonen , von denen im Devi-Mahatmyam berichtet wird, in Verbindung:
In Zeiten von damals, als der Herr von Lakshmi (3) im Yoga-Schlaf versunken war auf Seinem furchteinflößenden Schlangenbett, und die urzeitlichen Dämonen Madhu und Kaidabha hervorkamen aus Seinem Ohrenschmalz und Brahma, den Schöpfer zum Erzittern brachten, erhörtest Du, oh Durga, Seine Gebete und Du tötestest sie beide
Als der große Dämon Mahisha der Indra, den Herrn aller Devas im Krieg besiegte und mit seinem Können alle drei Welten zu seinen Sklaven machte, und seine Diener dazu berief über sie zu herrschen, tötestest Du, Durga, ihn mit seiner Armee, seinen Ministern und Freunden.
Das Gebet der Götter erhörend stiegst Du von den verschneiten Bergen auf einer goldenen Schaukel. Und Du tötestest die stolzen Dämonen Shumbha und Nishumbha. Nachdem Du Dhoomraksha, Chanda und Munda getötet hattest, wurdest Du Chamunda genannt und gepriesen. Und so tötestest Du auch die große Geißel Rakthabheeja.
– aus dem Devi Mahatmyam Stothra Ashtakam
Neben den mythologischen Hintergründen steckt hinter den Geschichten und Bildern eine tiefer verborgene, spirituelle Bedeutung, die sich erst erschließt, wenn man sich mit dem Denken und den Weltbildern des Sanatana Dharma näher beschäftigt.
Näher darauf einzugehen würde jetzt den Rahmen sprengen, doch sie beschreiben die Entwicklung des Menschen auf seiner spirituellen Reise.
Die neun Nächte Navratris und das Durga-Puja ist nicht damit nicht nur ein Fest, dass die göttliche Mutter des Universums, die Bezwingerin des Bösen und die (Wieder)Herstellerin der kosmischen Ordnung feiert, sondern es soll gleichsam daran erinnern, dass es das Licht der Erkenntnis ist, dass unsere eigenen inneren Dämonen, unser Ego, unsere Gier besiegt.
Ende Teil 7
Siat
1 – Ein vedisches Ritual, das ein Opferfeuer beinhaltet. Das Chandi-Homa ist ein spezielles Ritual, das an die Göttin Kali als Chandi(ka) gerichtet ist. 2 – Ein metallenes Gefäß mit einer schmalen Öffnung, auf die eine Kokusnuss passt. Im rituellen Kontext ein (meist) mit (heiligem Ganges-) Wasser gefülltes Gefäß, in dessen Öffnung (meist) Mangoblätter gesteckt und mit einer Kokusnuss gekrönt wird. 3- Vishnu
Der Tag des Sieges-Vijayadashami Vijayadashami oder Dusshera/Das(h)ara markiert das Ende der Feierlichkeiten zu Ehren der Großen Mutter.
Es findet am 10. Tag statt und wird im großen Stil als Tag des Sieges des Guten über des Bösen, des Lichtes über die Dunkelheit begangen.
Die Bedeutung des Namens Dusshera ist recht vielfältig.
Zum einen hat er den Bezug zu einem anderen Mythos bezüglich des Gottes Rama, der den zehnköpfigen Dämon (Dashanan-)Ravana (dessen zehn Köpfe zehn Frevel symbolisieren) besiegt, weswegen sich der Name in diesem Zusammenhang von dasha-hara (=“Hinwegnehmen/Besiegen der Frevel“) abgeleitet wird.
Eine weitere Ableitung folgt vom Wort „ahaha“(=“Tag“).
Dasharahaha/Dasharaha bezieht sich damit auf die neun Nächte und zehn Tage, an denen die Göttin in unterschiedlichen Inkarnationen mit den Dämonen kämpfte.
Der zehnte Tag markiert dabei den Siegenstag, an dem Durga den Dämon Mahishasura besiegte.
Auf den Sieg der Göttin bezieht sich auch der Begriff „Vijayadashami“, der „Sieg am 10. Tag des (Mond-)Monats“. Als „dashami“ (=“zehn“) wird wörtl. der zehnte Tag im Monat des hinduistisch-vedischen (Mond-)Kalenders bezeichnet, und „vijaya“ wird übersetzt mit „Sieg“ und „Triumph“.
An Vijayadashami wird außerdem die Heimkehr von Mutter Durga gefeiert.
Eine Legende erzhält davon, dass Adi-Parashakti als Sati, die Tochter des Königs Daksha, dem Herrn der Erde, und seiner Gattin Prasuti geboren wurde. Sati begann bereits als Kind, Shiva als Ihren zukünftigen Gatten anzubeten und zu verehren. Shiva, der von Ihrer Hingabe höchst angetan und erfeut war, heiratete später Sati. Daksha, der von Anfang an gegen die Heirat war, konnte dies natürlich nicht verhindern. Verärgert ließ Daksha ein rituelles Feuer vorbereiten und lud dazu jeden ein außer Shiva.
Sita Verbrennt sich selbst im Opferfeuer; Künstler/Artist: unbekannt/unknown
Sati, die zutiefst beschämt von dem Verhalten Ihres Vaters und erzürnt über diese Beleidigung war, suchte Ihren Vater gegen den Rat Ihres Gatten auf. Bestürzt über weitere Beleidungen Ihres Vaters, stürzte Sie sich in die Flammen des Opferfeuers.
Als Shiva von Tod Seiner geliebten Frau wurde er rasend und blind vor Zorn, Schmerz und Trauer.
Er verließ augenblicklich den Berg Kailash.
Als Er den Palast seines Schwiegervaters erreicht hatte, zerstörte Er in Seiner Raserei das Opferfeuer und schlug seinem Schwiegervater Daksha den Kopf ab.
Shiva nimmt den leblosen Körper Satis auf und zerstört Dakshas Opferfeuer; Künstler/Artist: unbekannt/unknown.
Aus den Überresten des Feuers und der Flammen hob er den leblosen Körper Satis und begann dann Seinen vor Trauer und Schmerz überwältigt, Seinen Tanz der Zerstörung. Als Shiva, als Höchste Macht, voller Zorn mit Seinem Tanz die Welten zum wanken und an den Rand der vollkommenen Zerstörung brachte, flehten die Götter Vishnu an, etwas zu unternehmen.
Also machte sich dieser auf und zerteilte den Leichnam Parvatis mit Seinem Wurfdiskus, der auf den Schultern des noch immer rasend tanzenden Shiva ruhte.
Ihre einzelnen Teile vielen von Seinen Schulter und verteilten sich über ganz Indien. Und dort, wo Sie nieder fielen, entstanden heilige Plätze, die Adi-Shakti geweiht sind, die sog. „Shakti Peethas“ (1) .
Als das letzte Stück von Ihr von Seinen Schultern gefallen war, wurde Shiva ruhiger, und Er zog sich als Asket in die Einsamkeit des Himalaya zurück um sich in tiefer Meditation zu versenken.
Parvati wurde von Vishnu wieder in Ihrer ursprünglichen Gestalt Adi-Shaktis wieder erweckt.
Als Sie in Ihrer nächsten Inkarnation als Shailaputri (Parvati) wiedergeboren und Shiva wieder als Ihren Gatten gewonnen hatte, bat Vishnu den Höchsten der Göttlich darum, Daksha zu vergeben.
Seit dem ist der Frieden wieder hergestellt, und Durga besucht seit dem zusammen mit Ihren Kindern Skanda und Ganesha, und Ihren Shaktis Jaya und Vijaya, jedes Jahr im Herbst Ihre Eltern.
Vijayadashami markiert den Beginn der Ernte-Zeit, und die Muttergöttin wird angerufen, um die Fruchtbarkeit und die Kraft der Erde und des Bodens zu erneuern. Das geschieht mit vielen verschiedenen Ritualen, in denen die kosmischen Kräfte der Göttin an- und hereingerufen werden, um den Erdboden zu verjüngen.
Überall in Indien und Teilen angrenzender Länder wie Nepal finden große Feierlichkeiten und Speiseopfer für die Götter statt, sowohl zu Hause als auch in den Tempeln.
Dieser Tag gilt komplett als ein günstiger und segensreicher Tag. Alles, was an ihm angefangen wird, steht, so wird gesagt, unter dem Segen und dem Wohlwollen der Höchsten Göttin und der kosmischen Kräfte.
Der zehnte und letzte Tag von Navrati stellt den Höhepunkt der Festivitäten zu Ehren der Mutter des Universums dar.
Begleitet unter Jubel, Musik und Gesang werden die Statuen der Göttin aus Ihren zum Teil extra angefertigten Schreinen hinaus ans Licht gebracht, was sowohl den Sieg der Kräfte der Rechtschaffenheit und des Guten über die Mächte des Bösen und des Frevels symbolisert, als auch die Wiederherstellung des Gleichgewichtes und der Ordnung im Universum.
Die Statuen werden dann in Prozessionen zu Flüssen oder hin zum Meer gebracht und unter Jubel den Wassern übergeben.
Mit der Versenkung der Statuen wird die Göttin bis zum nächsten Navratri verabschiedet.
Doch die Feierlichkeiten sind damit noch nicht (ganz) zu Ende.
Je nach Region und Traditonen ist auch Vijayadashami mit vielerlei Bräuchen und weitern Ritualen verbunden.
Z.B. ersuchen die Jüngeren von den Älteren Ihren Segen, in dem sie sich zu deren Füßen niederbeugen und diese berühren, im Gegenzug werden sie von diesen gesegnet.
Und in manchen Gegenden gehen die Kinder (ähnlich wie an Halloween) von Tür zu Tür, und sammeln von Nachbarn und Verwandten Süßigkeiten.
Natürlich ist diese Artikelreihe nur ein kleiner Überblick über dieses, im großen Stil überall in Indien gefeierte Fest.
Der letzten Teile, die noch folgen, werden sich mit dem Durga-Puja, einer der wichtigsten Festivitäten während Navrati, und unterschiedlichen Ritualen rund um dieser heiligen Zeit beschäftigen.
Siat
Ende Teil 6
1-wrtl.: „Sitz der Shakti“; es werden 4-51 Peethas benannt, an denen jeweil ein Körperteil oder Schmuckstück Satis niederfiel. An jedem dieser Orte wird Adi-Shakti Sati in Form einer anderen Göttin verehrt, immer auch begleitet von Ihrem Gatten Rudra-Shiva.