Im Allgemeinen werden die Schriftzeichen des nördlichen Europas bzw. der „alten Germanen“ als Runen bezeichnet.
Runen ist ein zusammenfassender Begriff für zum Teil in Erscheinung, Anzahl der Zeichen und Bedeutung sich zeitlich und/oder regional teilweise unterscheidende Zeichenreihen.
Die Zeichen haben immer jeweils einen Lautwert sowie auch einen Begriffswert.
Zum Beispiel hat die Rune X den Lautwert G und den Namen GEBO – Gabe.
Des Weiteren konnten und können die Runen aber auch eine magische Bedeutung haben. An erhaltenen Runen-Inschriften gibt es sowohl profane, gar an moderne Kritzeleien erinnernde, als auch sehr magische und sakrale Inschriften.
Längere Texte in Runenschrift sind uns nicht überliefert, zumeist sind die Texte sehr kurz oder bestehen sogar nur aus einzelnen Worten oder Zeichen, kurzen Mitteilungen, Namen, Gedenksprüche und magische Formeln. Bei den meisten Inschriften sind sich die Experten keineswegs über deren Gehalt sicher.
So findet sich auf einem Kamm aus dem dänischen Moor Vimose die Inschrift „Harja“. Dies könnte meinen: „das zu den Haaren Gehörende“, als Umschreibung für „Kamm“. Oder es bedeutet: „der zum Heer gehörende“, also „Krieger“. Vielleicht hat sich hier auch ein Mitglied des Stammes der Harii verewigt, oder möglicherweise ist es einfach ein Männername.
Auch der Sinn der Inschrift ist damit unklar… wieso zum Beispiel sollte man einen Kamm mit KAMM beschriften?
Die Runen und die Runeninschriften sind auch nach Jahrhunderten der Forschung immer noch ein Rätsel für die Wissenschaft.
Dies passt auch gut zum Namen der Runen:
Etymologie – Bedeutung des Wortes RUNE:
Altenglish – Runian: flüstern
Altenglish – Leodrunan: Liedrunen
Althochdeutsch – Rune: Mysterium, Geheimnis
Modernes Deutsch – Raunen: Geflüster, geheimes Geflüster, Geheimnisse flüstern
Altirisch – Run: Geheimnis
Altnordisch – Runar: Mysterien
Skaldisches Alt Isländisch – Runi: Gefährte, Freund, Berater
Isländisch – Runnr: Waldland
Mittelwalisisch – Rhin: Magischer Zauber
Finnisch – Runo: Lied, Gesang, Beschwörung
Überliefertes zu den Runen
Neben den verschiedenen Runeninschriften (ca. 6.500 gesicherte Runeninschriften in ganz Europa bis nach Grönland, Südrussland, Griechenland, Italien) ist uns auch in der Literatur „Geheimnisvolles“ zu den Runen überliefert.
Die vermutlich älteste Runenreihe ist das sogenannte „ältere Futhark“ und besteht aus 24 Zeichen.
Obwohl die Existenz der 24er Reihe unbestritten ist, sind die germanischen Runennamen nicht direkt überliefert, sie wurden mit den späteren Listen kontinentalen, angelsächsischen und skandinavischen Ursprungs rekonstruiert:
den sogenannten Runica Manuscripta, die seit dem 9. Jh. in Handschriften bezeugt sind.
Die Runica Manuscripta belegen die bereits weiterentwickelten angelsächsischen und skandinavischen Runenreihen, deren Namen allerdings aus verschiedenen Gründen verändert oder umgedeutet worden sind, beispielsweise durch den Einfluss des Christentums.
Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass die Runennamen, die übereinstimmend überliefert sind, auf die germanischen Namen zurückgehen.
Etwa im 5. Jh. entwickelten sich veränderte Runenreihen im angelsächsisch-friesischen Raum und in Skandinavien.
Aus dem gesamten germanischen Sprachraum sind uns verschiedene Runengedichte und Merkverse zum Erlernen der Runen in einer Zeitspanne von 900 Jahren überliefert.
Diese sind:
- das Abecedarium Nordmannicum – Aufzählung der 16 Runen des jüngeren Futharks.
- das angelsächsische Runengedicht mit 29 Strophen, hier sind 28 Runen des jüngeren Futharks überliefert.
- das altnorwegische Runengedicht (vermutlich das älteste überlieferte) mit 16 Strophen; baut auf dem jüngeren Futhark auf, wie auch die anderen skandinavischen Runengedichte, das altisländische und das schwedische Runengedicht.
Obwohl die Sprichworte und Texte vermutlich teilweise ersetzt wurden, zeigen ihre Gemeinsamkeiten eine wahrscheinliche ältere, gemeinsame Tradition auf.
Die Runengedichte sind Ausdruck ihrer Zeit, so dass sich christliche und heidnische Motive und Inhalte mischen.
Sie entstanden als Produkt der Auseinandersetzung zweier unterschiedlicher Kulturkreise, nämlich des germanischen, heidnischen und des christlich-lateinischsprachigen.
Dortlässt sich an einigen Stellen die bewusste Ausmerzung der heidnischen Züge erkennen.
Es wird angenommen, dass Teile der Runengedichte lange Zeit nur mündlich überliefert wurden.
Neben den Runengedichten des Mittelalters kennen wir die Runen aber auch noch von Venantius Fortunatus (6. Jh.), von Herbanus Maurus (9. Jh.), Saxo Grammaticus (12. Jh.) und aus den verschiedenen isländischen Sagas.
In den Sagas:
In den isländischen Sagas gilt besonders der Skalde Egil als runenkundig. So wird uns berichtet, dass er an das Krankenbett eines jungen Mädchen gerufen wird und dort einen mit Runen geritzten Fischkiemen vorfindet, den ihr jemand unters Bett gelegt hatte.
Egil schabt die Krankheitsrunen ab, und bevor er ihr selbst Heilungsrunen ritzt, spricht er Folgendes:
„Runen ritze keiner,
Rät er nicht, wie es steht drum!
Manches Sinn schon, mein ich,
Wirren Manns Stab irrte,
Zehn der Zauberrunen
ziemten schlecht dem Kiemen:
Leichtsinn leider machte
Lang des Mädchens Krankheit.“
Es stellte sich im weiteren Verlauf heraus, dass ein verliebter Bauernbursche das Mädchen mit einem Liebeszauber belegen wollte, dieser aber schief ging, da es ihm (dem Jungen) an echtem Runenwissen mangelte.
Aus der Lieder-Edda:
In der Lieder-Edda finden wir im „Havamal“, dem Lied des Hohen, ebenfalls mehrere Strophen über die Runen, unter anderen auch über deren mythologischen Ursprung (nach der Karl Simrock Übersetzung):
Ich weiß, dass ich hing am windigen Baum
Neun lange Nächte,
Vom Speer verwundet, dem Odin geweiht,
Mir selber ich selbst,
Am Ast des Baums, dem man nicht ansehn kann
Aus welcher Wurzel er sproß.
Sie boten mir nicht Brot noch Met;
Da neigt ich mich nieder
Auf Runen sinnend, lernte sie seufzend:
Endlich fiel ich zur Erde.
Hauptlieder neun lernt ich von dem weisen Sohn
Bölthorns, des Vaters Bestlas,
Und trank einen Trunk des teuern Mets
Aus Odhrörir geschöpft.
Zu gedeihen begann ich und begann zu denken,
Wuchs und fühlte mich wohl.
Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort,
Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk.
Runen wirst du finden und Ratstäbe,
Sehr starke Stäbe,
Sehr mächtige Stäbe.
Erzredner ersann sie, Götter schufen sie,
Sie ritzte der hehrste der Herrscher.
Odin den Asen, den Alfen Dain,
Dwalin den Zwergen,
Alswid aber den Riesen; einige schnitt ich selbst.
Weißt du zu ritzen? Weißt du zu erraten?
Weißt du zu finden? Weißt zu erforschen?
Weißt du zu bitten? Weißt Opfer zu bieten?
Weißt du, wie man senden, weißt wie man tilgen soll?
Besser nicht gebeten, als zu viel geboten:
Die Gabe will stets Vergeltung.
Besser nichts gesendet, als zu viel getilgt;
So ritzt es Thundr zur Richtschnur den Völkern.
Dahin entwich er, von wannen er ausging.
Ebenfalls in der Lieder-Edda finden wir das „Sigrdrífumál „(Das Lied von Sigrdrifa), in dem sie ihren „Erlöser“ Weisheit und die Macht der Runen lehrt (ebenfalls in der Simmrock-Übersetzung der Edda von 1876):
Sigurdrifa sprach:
5
Bier bring ich dir, du Baum in der Schlacht,
mit Macht gemischt und Mannesruhm,
Voll der Lieder und lindernder Sprüche,
Guter Zauber voll und Freudenrunen.
6
Siegrunen schneide, wenn du Sieg willst haben;
Grabe sie auf des Schwertes Griff;
Auf die Seiten Einige,
Andere auf das Stichblatt
Und nenne zweimal Tyr.
7
Älrunen kenne, dass des Andern Frau
Dich nicht trüge wenn du traust.
Auf das Horn ritze sie und den Rücken der Hand
Und mal ein N (Noth) auf den Nagel.
8
Die Füllung segne vor Gefahr dich zu schützen
Und lege Lauch in den Trank.
So weiß ich wohl wird dir nimmerdar
Der Meth mit Wein gemischt.
9
Bergrunen schneide, wenn du bergen willst
Und lösen die Frucht von Frauen,
In die hohle Hand und hart um die Knöchel
Und heische der Disen Hülfe.
10
Brandungsrunen schneide, wenn du bergen willst
Im Sund die Segelrosse;
Aufs Steven sollst du sie und aufs Steuerblatt ritzen,
Dabei ins Ruder brennen:
Nicht so wild ist der Sturm, nicht so schwarz die Welle,
Heil kommst du heim vom Meere.
11
Astrunen kenne, wenn du Arzt willst sein
Und Wunden wissen zu heilen.
In die Rinde ritze sie und das Reis am Baum,
Wo ostwärts die Äste sich wenden.
12
Gerichtsrunen kenne, wenn du der Rache willst
Deiner Schäden sicher sein.
Die winde du ein, die wickle du ein
Und setze sie alle zusammen
Bei der Mahlstätte, wo Männer sollen
Zu vollzähligem Gerichte ziehen.
13
Geistrunen schneide, willst du klüger scheinen
Als ein anderer Mann.
Die ersann und sprach, die schnitt zuerst
Odhin, der sie auserdacht
Aus der Flut, die geflossen war
Aus dem Hirn Heiddraupnirs;
Aus dem Horn Hoddraupnirs.
14
Auf dem Berge stand er mit blankem Schwert,
Den Helm auf dem Haupte.
Da hub Mimirs-Haupt an weise das erste Wort
Und sagte wahre Stäbe.
15
Auf dem Schilde stünden sie vor dem scheinenden Gott,
Auf Arwakurs Ohr und Alfwidurs Huf,
Auf dem Rad, das da rollt unter Rögnirs (Ökuthôrs) Wagen,
Auf Sleipnirs Zähnen, auf des Schlittens Bändern.
16
Auf des Bären Tatze, auf Bragis Zunge,
Auf den Klauen des Wolfs und den Krallen des Adlers,
Auf blutigen Schwingen, auf der Brücke Kopf,
Auf des Lösenden Hand und des Lindernden Spur.
17
Auf Gold und Glas, auf dem Glück der Menschen,
In Wein und Würze, auf der Wala Sitz,
Auf Gungnirs Spitze und Granis Brust,
Auf dem Nagel der Norn und der Nachteule Schnabel.
18
Geschabt wurden alle, die geschnitten waren,
Mit hehrem Meth geheiligt
Und gesandt auf weite Wege.
Die sind bei den Asen, die bei den Alfen,
Die bei weisen Wanen,
Einige unter Menschen.
19
Das sind Buchrunen, das sind Bergrunen,
Dieß alle Älrunen
Und rühmliche Machtrunen,
Wer sie unverwirrt und unverdorben
Walten lässt zu seinem Wohl.
Lerne sie und lass sie wirken
Bis die Götter vergehn.
20
Wähle nun, da die Wahl dir geboten ist,
Scharfer Waffenstamm:
Sagen oder Schweigen ersinne dir selber;
Alle Meinthat hat ihr Maß.
Runen und Runengedichte

FEHU
Wortbedeutung: Vieh, Rind(er), Schatz
Lautwert: f
Runengedichte
Altenglisch: Wohlstand ist angenehm für alle;
dennoch muss jeder ihn frei gewähren,
wenn er Ehre im Auge des Herrn gewinnen will.
Altnordisch: Wohlstand ist eine Quelle für Zwist zwischen Verwandten;
Der Wolf lebt im Wald.
Altisländisch: Wohlstand ist eine Quelle für Zwist zwischen Verwandten
und das Feuer des Meeres
und der Pfad der Schlange.
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URUZ
Wortbedeutung: Auerochse oder Regen
Lautwert: u
Runengedichte:
Altenglisch: Der Auerochse ist anmutig und oben gehörnt,
das wilde Tier kämpft mit seinen Hörnern,
ein großartiger Wanderer der Moore, der eine mutige Kreatur ist.
Altnordisch: Schlacke kommt von schlechten Eisen;
oft läuft das Ren auf eisigen Schnee.
Altisländisch: Regen ist das Weinen der Wolken
und der Ernte Ruin
und des Hirten Hass.
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THURISAZ
Wortbedeutung: Riese (Thurse) oder Dorn
Lautwert: th
Runengedichte:
Altenglisch: Der Dorn ist sehr scharf,
Übel für jeden Ritter der ihn berührt
Äußerst unangenehm für alle,
die zwischen ihnen sitzen
Altnordisch: Der Dorn bereitet Frauen Qualen
Unglück macht wenig Menschen froh
Altisländisch: Thurs= Folter der Frauen
Und Bewohner der Felsen
und Gemahl einer Riesin
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ANSUZ
Wortbedeutung: Ase
Lautwert: a
Runengedichte:
Altenglisch: Os ist die Quelle aller Sprache
Eine Säule der Weisheit
Und ein Trost für weise Männer
Ein Segen und eine Freude
für jeden Ritter
Altnordisch: Oss ist der Weg der meisten Reisen
Die Scheide ist für das Schwert
Altisländisch: Oss= betagter Gautr (Gott)
Und Prinz von Asgard
Und Herr von Walhalla
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RAIDO
Wortbedeutung: Rad, Ritt oder Reiten
Lautwert: r
Runengedichte:
Altenglisch: Rad scheint leicht für jeden Krieger,
Wenn er zu Hause ist,
Und ist sehr mutig für jenen,
Der auf den großen Straßen reist,
Auf dem Rücken eines starken Pferdes
Altnordisch: Raid soll das Schlimmste für Pferde sein
Reginn schmiedete das beste Schwert
Altisländisch: Reid=Freude des Reiters
Und schnelle ReisefragenUnd Mühe des Pferdes
Iter=Reise
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KENAZ
Wortbedeutung: Fackel oder Geschwür
Lautwert: k
Runengedichte:
Altenglisch: Cen ist jedem lebenden Menschen bekannt.
Seine blasse, helle Flamme
Brennt immer dort,
wo Adelige drinnen sitzen
Altnordisch: Kaun ist für Kinder tödlich. Der Tod macht die Leiche blass.
Altisländisch: Kaun=tödlich für Kinder
Und schmerzhafte Stelle
Und Wohnort der Abtötung
Flagella=Geschwür
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GEBO
Wortbedeutung: Geben, Gabe
Lautwert: g
Runengedichte:
Altenglisch: Gyfu sorgt für Ruhm und Ehre
Die das eigene Ansehen heben
Es bringt Hilfe und Unterhalt
Für alle unglücklichen Menschen
Die nichts anderes haben
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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WUNJO
Wortbedeutung: Wonne, Glück, Segen, Lust
Lautwert: w
Runengedichte:
Altenglisch: Wenne genießt jener, der kein Leiden
Keine Trauer oder Sorge kennt,
Der Wohlstand und Glück hat
Und ein hinreichend gutes Haus
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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HAGALAZ
Wortbedeutung: Hagel
Lautwert: h
Runengedichte:
Altenglisch: Haegl ist das weißeste Korn,
Es fällt vom Himmelsgewölbe,
Wird vom Wind umhergewirbelt
Und schmilzt dann zu Wasser
Altnordisch: Hagall ist das kälteste Korn, Christus schuf die Welt in alter Zeit
Altisländisch: Hagall ist kaltes Korn, und Graupelschauer
Und Krankheit der Schlangen
Grando=Hagel
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NAUTHIZ
Wortbedeutung: Notwendigkeit, Bedürfnis, Zwang, Pflicht, Wünschen
Lautwert: n
Runengedichte:
Altenglisch: Nyd ist bedrückend für das Herz,
Doch oft erweist es sich als Quelle,
Der Hilfe und Erlösung für jeden
Falls der es zur rechten Zeit beachtet
Altnordisch: Naudr lässt einem keine Wahl, ein nackter Mann friert in der Kälte
Altisländisch: Naud ist der Schmerz der Magd, und ein Zustand der Unterdrückung
Und mühsame Arbeit
Opera=arbeit
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ISA
Wortbedeutung: Eis
Lautwert: i
Runengedichte:
Altenglisch: Is ist sehr kalt und äußerst glatt.
Es glänzt so rein wie Glas
Und fast wie Edelsteine
Es ist ein Boden der vom Frost geschaffen wird
Und sehr schön anzusehen
Altnordisch: Is nennen wir die breite Brücke
der Blinde muss geführt werden
Altisländisch: Is ist die Rinde des Flusses, Und das Dach der Welle
Und die Zerstörung der Verdammten
Glacies ist Eis
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JERA
Wortbedeutung: Jahr oder Ernte
Lautwert: j
Runengedichte:
Altenglisch: Ger ist eine Freude für die Menschen,
Wenn Gott, der heilige König des Himmels, gestattet,
Dass die Erde glänzende Früchte hervorbringt
Für die Reichen ebenso wie für die Armen
Altnordisch: Ar ist ein Segen für die Menschen,
Ich sage, dass Frothi (Fro/Freyr) großzügig war.
Altisländisch: Ar ist ein Segen für die Menschen
und guter Sommer
und gedeihende Ernte
Annus ist Jahr
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EIWAZ
Wortbedeutung: Eibe
Lautwert: zwischen e und i, möglicherweise auch ei
Runengedichte:
Altenglisch: Eoh ist ein Baum mit rauer Rinde,
Hart und fest in der Erde
Gestützt von seinen Wurzeln
Ein Wächter der Flamme
Und eine Freude auf einem Hof
Altnordisch: Yr ist der grünste Baum im Winter, Wenn er brennt dann knistert er.
Altisländisch: Yr ist der gespannte Bogen
Und brüchiges Eisen
und der Riese des Pfeils
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PERTHO
Wortbedeutung: Der rekonstruierte protogermanische Name bedeutet „Fruchtbaum“
Lautwert: p
Runengedichte:
Altenglisch: Peord ist eine Quelle des Vergnügens
Und der Entspannung für die Großen
Wenn die Krieger in der Festhalle
Vergnügt beisammensitzen
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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ALGIZ
Wortbedeutung: Elch
Lautwert: am Wortende *z
Runengedichte:
Altenglisch: Eohl – Schilf wird meist
In einer Marsch gefunden, es wächst im Wasser
Und macht eine schreckliche Wunde
Jeder Krieger der es berührt
Wird mit Blut bedeckt
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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SOWILO
Wortbedeutung: Sonne
Lautwert: s
Runengedichte:
Altenglisch: Sigel ist eine Freude für Seefahrer
Wenn sie hinausfahren
Über das Bad der Fische
Bis das Pferd der Tiefe
Sie wieder an Land trägt
Altnordisch: Sol ist das Licht der Welt, Ich beuge mich dem göttlichen Gebot
Altisländisch: Sol ist der Schild der Wolken
Und leuchtender Strahl
Und Zerstörer des Eises
Rota=Rad
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TEIWAZ
Wortbedeutung: Tiu, Tiwaz oder Tyr – eine der ältesten indoeuropäischen Gottheiten
Lautwert: t
Runengedichte:
Altenglisch: Tiw ist ein Leitstern, gut hält er seine Treue
Den Fürsten; er ist immer auf seiner Bahn
Über den Nebeln der Nacht, und versagt niemals.
Altnordisch: Tyr ist ein einhändiger Gott, Der Schmied muss oft blasen
Altisländisch: Tyr ist ein einhändiger Gott,
Die Überreiste des Wolfs und der Prinz der Tempel
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BERKANA
Wortbedeutung: Birke
Lautwert: b
Runengedichte:
Altenglisch: Beorc trägt keine Früchte, doch ohne Samen bringt sie Schößlinge hervor,
Denn sie entsteht aus ihren Blättern
Wundervoll sind ihre Äste
Und reich geschmückt
Ist ihre hohe Krone
Die bis in den Himmel reicht
Altnordisch: Bjarkan hat die grünsten Blätter aller Büsche,
Loki war in seinem Betrug erfolgreich
Altisländisch: Bjarkan ist ein Zweig mit Blättern.
Und ein kleiner Baum
und ein frischer junger Busch
Absies ist eine Fichte (oder Kiefer)
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EHWAZ
Wortbedeutung: Pferd, Ehe
Lautwert: e
Runengedichte:
Altenglisch: Eh ist den Prinzen eine Freunde
In der Anwesenheit von Kriegern
Ein Pferd, stolz auf seinen Hufen
Wenn reiche Menschen auf Pferderücken
Darüber Worte austauschen
Und ist immer eine Quelle des Trostes
Für die Rastlosen
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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MANAZ
Wortbedeutung: Mann oder Mensch
Lautwert: m
Runengedichte:
Altenglisch: Der frohe (Mensch) ist seinen Verwandten lieb,
Doch jeder Mensch ist verdammt
Seine Gefährten zu verraten
Da der Herr durch sein Gebot
Das üble Aas der Erde übergibt
Altnordisch: Madr ist eine Erhöhung des Staubes,
Groß ist die Kralle des Falken
Altisländisch: Madr ist die Freude der Menschen
Und eine Erhöhung von Staub
Und ein Schmuck der Schiffe
Homo=Mensch
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LAGUZ
Wortbedeutung
: Wasser oder See
Lautwert: l
Runengedichte:
Altenglisch: Lagu scheint für die Menschen unendlich
Wenn sie auf der schwimmenden Barke reisen
Und die Wellen der See sie ängstigen
Und das Pferd der Tiefe
Seine Zügel nicht beachtet
Altnordisch: Logr ist ein Fluss, der von einem Berghang fällt,
Und Schmuckstücke sind aus Gold gemacht
Altisländisch: Lögr ist ein wirbelnder Strom
Und ein breiter Geysir
Und das Land der Fische, Lacus ist ein See
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INGUZ/INGWAZ
Wortbedeutung: Yngwi oder Ing (Gottheit)
Lautwert: nj
Runengedichte:
Altenglisch: Ing wurde erstmals von Menschen unter den Ostdänen gesehen
Bis er von seinen Wagen gefolgt,
Über die Wellen nach Osten reiste
So benannten die Heardingen den Helden
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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OTHILA
Wortbedeutung: Erbbesitz, Stammgut, in der Sippe erbliches Vermögen
Lautwert: o
Runengedichte:
Altenglisch: Ethel ist jedem sehr lieb,
Wenn er in seinem Haus genießen kann
Was auch immer recht und gut ist
In beständigem Wohlstand
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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DAGAZ
Wortbedeutung: Tag
Lautwert: d
Runengedichte:
Altenglisch: Daeg, das glänzende Licht des Schöpfers,
Wird vom Herrn gesandt und von den Menschen geliebt,
Es ist eine Quelle der Hoffnung und des Glücks
Für Reich und Arm und steht alles zu Diensten
Altnordisch: –
Altisländisch: –
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Übersetzungen nach Jan Fries, Helrunar
Runen in der schamagischen Arbeit
Viel ist schon geschrieben worden über Herkunft und Bedeutung der Runen. Es ist ein sehr spannendes und geheimnisvolles Forschungsfeld, mit dem man sich unbedingt ebenfalls beschäftigen sollte, wenn man ernsthaft die Runen studieren will.
Ebenso wichtig wie all das Geschriebene und leider etwas spärlich überlieferte Wissen finde ich jedoch das persönlich erfahrbare visionäre Wissen über die Runen.
Als ich vor Jahren damit begann, mich ernsthaft mit den Runen (dem 24er, älteren Futhark) auseinanderzusetzen, tat ich dies (zumindest vorerst) nicht mit den Büchern, Sagas, Quellen und Interpretationen anderer bewaffnet. Ich näherte mich ihnen visionär, mit Hilfe der schamanischen Reise.
Im Verlauf einiger Monate, ja eigentlich Jahre, bereiste ich immer wieder einzelne Runen oder auch die Gesamtheit des Systems „Runen“. Mein persönliches visionäres Erleben der Runen, aber auch die Erfahrung der Runenenergien selbst, ganz direkt in meinem Leben, in der Invokation, der Evokation, oder während des Runen-Stellens, glich ich immer wieder mit den Ergebnissen anderer ab, seien es nun wissenschaftliche, archäologische, etymologische oder auch magische Studien und Erfahrungen anderer Praktiker.
Dies hat mir einen wahren Schatz an Erkenntnissen gebracht, den ich immer noch nicht in seiner Gänze gehoben habe. Wie es aussieht, werden mir die Runen noch genug Stoff und Geheimnis für ein ganzes Leben des Lernens und darüber hinaus bieten…
Ich habe auf diese Weise viel gelernt, über mich, das Universum, meinen Platz darin und die nordische Mythologie.
Ein wenig möchte ich Euch an diesen Erfahrungen teilhaben lassen…
Viele reduzieren die Runen zu einem „Orakel-Spiel“, mit dem sie in die Zukunft blicken wollen, oder auch zu einem bloßen „Zaubersystem“, mit dem der geübte Schamagier sich Gesundheit, Kraft und Wohlstand ins Leben „zaubern“ mag.
Ich habe die Runen jedoch nicht als etwas derart Simples und Manipulatives erlebt, sondern als äußerst komplexes, mythisches, kraftvolles, magisches und weises Gesamtwerk, in dem sich das gesamte Universum in nur 24 Zeichen spiegelt.
Dieses Spannungsfeld aus Einfachheit (nur 24 Zeichen) und Komplexität (das gesamte Universum, ja das Wyrd als Ganzes) machen die Runen so kraft- und geheimnisvoll, aber während der schamanischen Reise, des Seelenfluges auch so überaus leicht zugänglich.
Jede Rune ist äußerst vielschichtig – in ihrer Bedeutung, aber auch in ihren Verwendungsmöglichkeiten. Eine jede Rune enthält einen ganzen Schatz an Weisheiten über das Leben, die Welten, das Wyrd und über die Möglichkeiten, die uns offenstehen, über die Herausforderungen, die es zu bestehen gilt.
Gerade der schamanisch visionäre Weg oder Zugang zu den Runen ist meiner Ansicht nach, der Schlüssel zu ihrer wahren Bedeutung und Kraft.
Selbst die Entstehung der Runen, wie sie uns im Havamal in der Edda beschrieben wird, ist eine zutiefst schamanisch visionäre Geschichte, die außerdem andeutet, dass die Runen schon wesentlich älter sind:
Ich weiß, dass ich hing am windigen Baum
Neun lange Nächte,
Vom Speer verwundet, dem Odin geweiht,
Mir selber ich selbst,
Am Ast des Baums, dem man nicht ansehn kann
Aus welcher Wurzel er sproß.
Sie boten mir nicht Brot noch Met;
Da neigt ich mich nieder
Auf Runen sinnend, lernte sie seufzend:
Endlich fiel ich zur Erde.
Hauptlieder neun lernt ich von dem weisen Sohn
Bölthorns, des Vaters Bestlas,
Und trank einen Trunk des teuern Mets
Aus Odhrörir geschöpft.
Zu gedeihen begann ich und begann zu denken,
Wuchs und fühlte mich wohl.
Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort,
Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk.
Runen wirst du finden und Ratstäbe,
Sehr starke Stäbe,
Sehr mächtige Stäbe.
Erzredner ersann sie, Götter schufen sie,
Sie ritzte der hehrste der Herrscher.
Odin den Riesen, den Alfen Dain,
Dwalin den Zwergen,
Alswid aber den Riesen; einige schnitt ich selbst.
Weißt du zu ritzen? Weißt du zu erraten?
Weißt du zu finden? Weißt zu erforschen?
Weißt du zu bitten? Weißt Opfer zu bieten?
Weißt du, wie man senden, weißt wie man tilgen soll?
Besser nicht gebeten, als zu viel geboten:
Die Gabe will stets Vergeltung.
Besser nichts gesendet, als zu viel getilgt;
So ritzt es Thundr zur Richtschnur den Völkern.
Dahin entwich er, von wannen er ausging.
(aus der Lieder-Edda, Havamal, Odins Runen-Lied, nach der Karl Simrock Übersetzung)
Hier wird beschrieben, wie der „ultimative“ Schamane/Schamanengott Odin sich selbst verletzt und unter Schlaf- und Nahrungsentzug in einen Baum hängt, um dann in Trance und Vision die Weisheit der Runen zu lernen.
Wie können wir da erwarten, nur durch bloßes Auswendiglernen und gelehrtes Lesen hinter das Geheimnis der Runen zu kommen?
Die 24 Runen des älteren Futharks sind eine sehr alte und vollständige Weisheitslehre (einige Zeichen sehen wir schon auf den Höhlenbildern von vor 30.000 Jahren), die sich dem, der es wirklich will, in der Vision beinahe von selbst erschließt.
Das gesamte Wyrd, mit allem Wissen um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, der Inhalt aller Welten und aller Mythen, sind in diesen wenigen Zeichen enthalten. Durch die schamanische Arbeit mit den Runen, die tiefe Versenkung in sie, kann sich dem schamagischen Praktiker eine ganz neue Sicht auf diese und die anderen Welten eröffnen. Die Runen sind aber auch ein vollständiges magisches System, mit dem sich einzelne Begebenheiten beeinflussen lassen, mit denen äußerst kraftvoll gezaubert werden kann. Sie können genutzt werden für die Divination, als Orakel, aber genauso sind sie Schriftzeichen; sakral, aber auch profan, und auch dies gehört zur „Gesamtheit“ der Runen… sie sind nicht „nur“ heilig, sondern eben auch „gebrauchsfertig“ und praktisch.
Die Kraft der Runen erfordert Fokus, Absicht und Willen, um ihren Zauber freisetzen zu können:
„Weißt du zu ritzen? Weißt du zu erraten?
Weißt du zu finden? Weißt zu erforschen?
Weißt du zu bitten? Weißt Opfer zu bieten?
Weißt du, wie man senden, weißt wie man tilgen soll? „
Obwohl uns also die Runen, wie wir sie heute kennen und erforschen, von den „alten Germanen“ überliefert sind und sich über diese und ihre Mythen auch ein guter Zugang zu ihnen finden lässt, ist das System „Runen“ und viele der Runenzeichen wohl wesentlich älter und universeller.
Der „Weg der Runen“ als europäischer Weg der Einweihung ist sicher kein ganz einfacher und erfordert, wie alle Einweihungswege, eine gewisse Hingabe und Vertrauen in die geistige Welt und in unsere Verbündeten. Ich für meinen Teil kann jedoch sagen: es lohnt sich ihn zu gehen.

Hier gibt es den gesamten Beitrag als PDF zum kostenlosen Download:
Runeneinführung
Literaturliste Runen:
Düwel, Klaus (1968): Runenkunde. Stuttgart.
Bauer, Alessia (2003): Runengedichte – Texte, Untersuchungen und Kommentare zur gesamten Überlieferung. Wien.
Fries, Jan (1997): Helrunar, Ein Handbuch der Runenmagie. 3. Auflage, Bad Ischl.
Aswynn, Freya (1991): Die Blätter von Yggdrasil – Runen, Götter, Magie, Nordische Mythologie & weibliche Mysterien. Himberg.
Dieterich, Udo Waldemar: Abstammung und Begriffsbildung der ältesten Sprachdenkmäler Skandinaviens.
Übersetzungen der Edda:
Krause, Arnulf (2006): Die Götterlieder der älteren Edda. Stuttgart.
Krause, Arnulf (2001): Die Heldenlieder der älteren Edda. Stuttgart
Stange, Manfred (Hrsg.) (2011): Die Edda – Götterlieder, Heldenlieder und Spruchweisheiten der Germanen – Vollständige Textausgabe in der Übersetzung von Karl Simrock
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