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Mosella - Eine Reise in die "römischste" Region Deutschlands Teil 1

  •  Erzsucher
  • 6. Februar 2022 um 19:02
  • 572 Mal gelesen
  • 0 Antworten
  • 8 Minuten

Kraftorte können für mich einen sehr unterschiedlichen Charakter haben. Herrliche Natur in Form eines Waldes, eines klaren Bachs oder eines Aussichtspunkts mit weitem Blick ins Land gehört in jedem Fall dazu. Es kann aber auch ein kleiner ruhiger Grünstreifen in einer Großstadt sein, das Innere einer frühen Kirche oder der Schatten eines alten Denkmals im Hochsommer.

Besonders reizvoll sind für mich schöne alte Kulturlandschaften, in welchen sich noch Bauwerke und andere Relikte aus der Antike als Kristallisationspunkte der Geschichte finden lassen. Eine dieser wunderbaren Landschaften gibt es im Moseltal zwischen Koblenz und den Grenzen zu unseren westlichen Nachbarländern.

Die südliche Schauseite des Pfeilergrabmals "Igeler Säule"

Die zahllosen Vorzüge der Moselregion zwischen Koblenz und dem Dreiländereck bei Schengen vollständig aufzuzählen, erscheint nahezu unmöglich.

Die herrliche Landschaft mit dem windungsreichen Flusstal und den steilen, oft felsdurchsetzten Weinhängen ist hier ebenso zu nennen wie das reichhaltige Kulturangebot in den schmucken Dörfern und Städten.

Ein großer und bekannter Anziehungspunkt im Moseltal ist natürlich die Stadt Trier mit ihrer über 2000jährigen Geschichte und ihren bedeutenden Baudenkmälern aus der Römerzeit. Das Trierer Weltkulturerbe spiegelt bis heute den früheren Rang der antiken Metropole wieder, welche im 4. Jahrhundert für gut 100 Jahre sogar Kaiserresidenz und damit zeitweilige Hauptstadt der damals bekannten Welt gewesen ist.

Bei den Besuchern des Moseltals in der Regel weniger bekannt ist hingegen, dass die gesamte Moselregion in der römischen Antike eine der am intensivsten romanisierten und kulturell wie materiell wohlhabensten Landstriche auf dem Boden des heutigen Deutschlands und der nordgallischen und germanischen Provinzen des Imperiums gewesen ist.

Die kulturelle Beeinflussung durch die Römer war hier so intensiv, dass sie bis heute deutliche Spuren in der Sprache, der Alltagskultur, den Orts- und Flurnamen und der Kulturlandschaft hinterlassen hat. An vielen Stellen auch jenseits von Trier finden sich daher bis heute beeindruckende Baudenkmäler aus der Antike mit teilweise noch hoch aufragendem Originalmauerwerk. In meinem folgenden Bericht soll nach einer kurzen Einführung der kleine Ort Igel als diesbezüglich besonders interessantes Reiseziel vorgestellt werden.

Die schon in der Antike klimatisch und geographisch günstig gelegene Moselregion konnte aufgrund der erheblichen Gegenwehr des hier ansässigen und sehr selbstbewussten keltischen oder keltogermanischen Volksstamms der Treverer sowie einigen Militäraufständen und politischen Wirren erst gegen Ende des 1. Jahrhunderts wirklich dauerhaft und stabil dem römischen Weltreich einverleibt werden.

Nach der auch mit brutaler militärischer Gewalt durchgesetzten Konsolidierung der römischen Herrschaft in den betreffenden Teilen der Provinzen Gallia Belgica und Germania superior und dem fortschreitenden Ausbau der lokalen Metropole Augusta Treverorum (Trier) erlebte die Region dann in der Friedenszeit des 2. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts einen enormen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung.

Der Landesausbau in Form bedeutender Infrastrukturen wie Straßen, Hafenanlagen und Wasserleitungen, Villen, Dörfern und Städten, öffentlichen und sakralen Bauten, Produktionsstätten für Konsumgüter und Anlagen für den Weinanbau wurde in einem zuvor nie gekannten Ausmaß vorangetrieben. Die lokale Bevölkerung übernahm während dieser Zeit in nur einer bis zwei Generationen weitgehend den Lebensstil und die Kultur der Eroberer und auch deren lateinische Sprache, ohne aber ihre keltischen Sitten und Gebräuche und ihre lokalen Gottheiten aufzugeben.

Nicht wenige der romanisierten Provinzialen, besonders die Produzenten begehrter Konsumgüter wie Tuchwaren und Wein erreichten großen Wohlstand oder sogar Reichtum und errichteten sich im und rund um das Moseltal prächtige Villen von beinahe italischem Ausmaß, deren Räume und großartigen Mosaikfußböden heute wieder teilweise besichtigt werden können. Die intensive Romanisierung veranlasste selbst Statthalter und Kaiser dazu, bei der Mosel von „unserem Fluss“ zu sprechen.

Bedeutende Dichter besungen die Idylle der Moselregion, u. a. mit Decimus Magnus Ausonius („Mosella“) ein hochrangiger Beamter und Freund des spätantiken Kaisers Valentinian. Auch nach dem formalen Ende des römischen Westreiches im 5. Jahrhundert haben sich Teile der römischen Kultur des Moseltals bis in unsere Gegenwart erhalten. Noch bis in das Spätmittelalter konnte sich hier eine aus dem Latein hervorgegangene romanische Sprache, das sog. Moselromanisch, gegenüber der fränkisch-deutschen Sprache behaupten. Auch im heutigen deutschen Dialekt der Region, dem Moselfränkischen, findet man außergewöhnlich viele lateinische Lehnworte.

Besonders deutlich ist diese sprachliche Beeinflussung bei den die Weinkelter und den Weinanbau betreffenden Begriffen. Es werden hier noch heute zahlreiche aus dem antiken Lateinischen entlehnte Bezeichnungen genutzt, welche in allen anderen deutschen Weinanbaugebieten gänzlich unbekannt sind. Auch die Flurnamen und viele Ortsnamen stammen direkt aus der römischen Antike. Beispiele sind etwa Quint, welches zur Römerzeit „ad quintum lapidem“ (= „am fünften Meilenstein“) hieß und Detzem (von lateinisch „decem“ = Zehn).

Interessante antike Baudenkmäler wie original erhaltene Römerstraßenabschnitte, Fundamente ländlicher Villen, Reste von Handwerksbetrieben, bedeutenden Tempeln und Grabanlagen lassen sich entlang des gesamten Flusslaufs und seiner Nebenflüsse finden. Heute sind viele dieser Hinterlassenschaften der Antike durch die Denkmalschutzbehörden vorbildlich konserviert, teilweise rekonstruiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

Gute Beispiele ohne jeglichen Anspruch auf Vollständigkeit stellen der weitläufige keltische und gallo-römische Tempelbezirk auf dem Martberg bei Pommern, die Doppelgrabkammer bei Nehren, die römische Kelteranlage in Zeltingen-Rachtig, die Römervillen in Wittlich und Mehring und die Reste der kaiserlichen Sommervilla des Kaisers Valentinian bei Konz dar. In diesem Rahmen möchte ich Euch nun den kleinen Ort Igel südwestlich von Trier als Standort von gleich zwei besonders bedeutenden und interessanten antiken Baudenkmälern detailliert vorstellen.

Die "Igeler Säule"

Die kleine Gemeinde Igel liegt etwa 10 km moselaufwärts von Trier nahe der deutsch-luxemburgischen Grenze und hat etwa 2000 Einwohner. Der Name „Igel“ leitet sich nicht vom Namen des bekannten Stacheltiers, sondern sehr wahrscheinlich von lateinisch „aquila“ (= Adler) ab, welches im Vulgärlatein, Altfranzösisch und Moselromanisch dann zu „aigle“ umgeformt und im Moselfränkischen als „Eigel“, „Igle“ oder „Igel“ zum Synonym für „Adler“ wurde.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang natürlich auch die offensichtliche Laut- und Bedeutungsgleichheit mit dem englischen Wort „eagle“.

Igel ist als Standort eines gemeinsam mit den Trierer Römerbauten zum Weltkulturerbe der UNESCO zählenden antiken Bauwerks überregional bekannt. Gemeint ist die sog. „Igeler Säule“, ein 23 Meter hohes römisches Pfeilergrabmal aus dem frühen 3. Jahrhundert, welches sich als einziges original erhaltenes Denkmal seiner Art nördlich der Alpen noch an seinem ursprünglichen Standort befindet und nahezu unversehrt ist. Über einem massiven, leicht getreppten Fundament aus gewaltigen Sandsteinquadern befinden sich drei durch Gesimse getrennte rechteckige Aufbauten, welche auf allen vier Seiten Felder mit reichhaltigen Reliefszenen aus dem damaligen Alltagsleben und dem Werdegang der bedeutenden Tuchmacher- und Tuchhandelsfamilie der Secundinier zeigen.

Einer Inschrift zu entnehmen ist, dass die im Hauptmotiv auf der Südseite dargestellten Secundinier-Brüder das Denkmal noch zu ihren Lebzeiten als Erinnerung an ihre Verstorbenen, aber auch für sich selbst und ihr Geschäft als überdimensionale Werbetafel errichtet haben. Neben Darstellungen von Küchenarbeit und Speisemahlen, sehr vielen unterschiedlichen Götterbildern und Szenen antiker Mythologie finden sich daher viele Reliefs, welche Aspekte der Herstellung, Verpackung und Logistik von Tuchwaren zeigen. Auch die Lage und die Entfernung des eigenen Geschäfts von der Metropole Trier ist vermerkt.

Die gewaltige Säule war noch erkennbaren Farbresten zufolge in der Antike intensiv bunt bemalt und muss von der römischen Straße und der Mosel aus weithin sichtbar gewesen sein. Einen Eindruck von der Farbigkeit vermittelt ein bunt gefasster Abguss der Säule in Originalgröße, welcher normalerweise im Hof des Rheinischen Landesmuseums in Trier besichtigt werden kann, zur Zeit aber restauriert wird und daher eingerüstet ist.

Die Reliefquader des Grabmals werden oben von einer Ädikula und einem Schuppendach abgeschlossen und sind von einem Pinienzapfen mit darauf thronendem Adler bekrönt. Letzterer, welchem der Ort Igel vermutlich seinen Namen verdankt, ist jedoch leider nur noch fragmentarisch erhalten. Die Originalsäule wurde vor wenigen Jahren umfassend gereinigt und restauriert, die Steinsubstanz mit Spezialchemikalien stabilisiert und die Gesimse mit Metallverkleidungen versehen, um das Eindringen von Feuchtigkeit in die Relieffelder zu verhindern. Die schon von den alten Bildungsreisenden wie Goethe beschriebene und gerühmte Säule steht heute in einem recht ansprechenden Umfeld zwischen einem Gemeindehaus mit Bibliothek und Tourist-Information auf der Westseite und einem Hotel auf der Ostseite.

Der nördlich gelegene Berghang wurde terrassiert und zu einem tollen Mitnehm-Kräutergarten mit Rastmöglichkeiten umgestaltet. Eine Treppe führt von hier aus zur oberhalb gelegenen alten Igeler Pfarrkirche St. Dionysius, deren romanischer Turm aus dem 12. Jahrhundert stammt und deren barocker Saalbau 1758/59 errichtet wurde. Die Erhaltung der antiken Igeler Säule in ihrer jeden geschichtlich interessierten Besucher tief berührenden Originalität stellt ein historisches Wunder dar. Zu verdanken ist sie wohl auch einer fälschlichen Überzeugung des Mittelalters. Die Säule wurde nämlich lange Zeit als ein vermeintlich der heiligen Helena und der Familie Konstantins des Großen gewidmetes Grabdenkmal fehlinterpretiert, wodurch sie unter den Schutz der Kirche gestellt und so ihre frühe Zerstörung verhindert wurde!

Liebe Grüße

Erzsucher

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